Plenum des PDG vom 12. Dezember 2024
Mut und Entschlossenheit statt Sparmaßnahmen und Schönreden!
Tag 4 – Rede von Kirsten Neycken-Bartholemy, Vorsitzende der SP-Fraktion, zur Haushaltsdebatte vom 12.12.2024 – Ausschuss 3
Werte Frau Präsidentin,
werte Mitglieder der Regierung,
werte Kolleginnen und Kollegen,
die SP-Fraktion sieht in den Schwerpunkten Unterricht, Ausbildung und Beschäftigung zentrale Politikfelder unserer Gemeinschaft.
Die Qualität des Bildungssystems ist entscheidend für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunft eines Landes. In den letzten Jahren hat sich jedoch eine Vielzahl von Herausforderungen ergeben, die dringend politischer Aufmerksamkeit bedürfen.
Bildung ist eine der wichtigsten Säulen einer funktionierenden Gesellschaft und spielt eine entscheidende Rolle in der individuellen Entwicklung eines Menschen. Sie beeinflusst persönliche, soziale und wirtschaftliche Aspekte und bildet die Grundlage für ein erfülltes und erfolgreiches Leben.
Bildung eröffnet Menschen die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten und Talente zu entdecken und weiterzuentwickeln. Sie fördert kritisches Denken, Problemlösungsfähigkeiten und kreative Ausdrucksformen zu entwickeln.
Sie stärkt soziale Kompetenzen wie Teamarbeit, Kommunikation und Empathie. Sie fördert Toleranz und interkulturelles Verständnis, da sie den Blick für unterschiedliche Perspektiven öffnet. In einer gebildeten Gesellschaft werden Werte wie Gerechtigkeit, Gleichheit und soziale Verantwortung verankert.
Sie ermöglicht soziale Aufstiege und kann soziale Ungleichheiten abbauen. Sie gibt Menschen unabhängig von ihrer Herkunft die Chance auf ein besseres Leben. Investitionen in Bildung sind daher Investitionen in eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft.
Bildung ist weit mehr als der Erwerb von Wissen. Sie ist ein grundlegendes Menschenrecht und ein Schlüsselfaktor für individuelle Freiheit, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftlichen Wohlstand.
Außerdem ist eine gut ausgebildete Bevölkerung das Rückgrat einer stabilen Wirtschaft. Länder mit einem hohen Bildungsniveau verzeichnen in der Regel weniger Arbeitslosigkeit und eine bessere wirtschaftliche Entwicklung.
Wie tragen Lehrkräfte, Schulpsychologen, Erzieher und Verwaltungsangestellte zum Funktionieren im Bildungsbereich bei?
Ihre Arbeit umfasst:
Die Unterstützung von Schülern mit oder ohne besondere Bedürfnisse, denn in der DG zählt jeder Schüler als ein Förderschüler.
Die Bereitstellung von emotionaler und sozialer Stabilität.
Die Organisation des Schulbetriebs, der ohne ihre Arbeit kollabieren würde.
Dies alles ist jedoch nur zu bewerkstelligen mit gutem Personal, welches die notwendigen Ressourcen und die Anerkennung für ihre Arbeit erhalten.
Hier ist eine Anerkennung sowohl durch finanzielle Mittel als auch durch gesellschaftliche Wertschätzung notwendig.
Auch in diesem Haus wird immer wieder die Wichtigkeit einer gut funktionierenden Bildungslandschaft betont. Und doch zeigen die aktuell angedachten Sparmaßnahmen in diesem Bereich genau das Gegenteil.
Während der letzten Wochen hatten wir zahlreiche Anhörungen der verschiedenen Akteure und Dienstleister des Bildungssektors und der Beschäftigung. Sei es die AHS, das IAWM, Kaleido, dem Fachbereich Pädagogik, das Arbeitsamt der DG.
Wir konnten uns unter anderem von der Reform der Lehrergrundausbildung überzeugen, die viele wichtige Neuerungen mit sich bringt und mutige Schritte vorsieht.
Dem Studiengang „Soziale Arbeit“, der hoffentlich dem Fachkräftemangel in diesem wichtigen Bereich entgegenwirkt.
Die wertvolle Arbeit des IAWM und der dualen Ausbildung im Bereich der Lehrlingsausbildung, der Meisterausbildung sowie des Meistervolontariats. Sowie zahlreicher anderer Projekte.
Alle Akteure in Ostbelgien leisten besonders wertvolle Arbeit, davon konnten wir uns überzeugen. Diese sollten wir lobend hervorheben!
Werter Herr Minister Franssen,
auf zahlreiche Fragen, die ich Ihnen im Ausschuss stellte, haben Sie positive Rückmeldungen gegeben. Wir waren uns sogar häufig einig. Ich bin überzeugt, dass Sie bereit sind, viele der von mir angestoßenen Projekte auch wirklich umsetzen zu wollen, ebenfalls bin ich überzeugt, dass Ihnen das Bildungswesen am Herzen liegt und Sie offen für Veränderungen sind.
Die Frage, welche sich mir stellt, ist, wie möchten sie nach 20 Jahren des Reformstaus dies alles verwirklichen und vor allem mit welchen finanziellen Mitteln werden Sie dies machen. Seit Wochen reden wir über Sparmaßnahmen und Kürzungen. Und das ist nur der Anfang. Mit welchen Mitteln wird der Ministerpräsident ihre Projekte unterstützen? Wo kein Geld ist, ist bekanntlich ja auch kein Handlungsspielraum.
Jetzt aber zuerst einmal zu den Anliegen der SP-Fraktion.
Die Politik muss dringend Anreize für den Lehrerberuf schaffen und für eine Verbesserung der Bildungslandschaft sorgen.
Zum einen, sollte nicht nur über Reformen geredet und debattiert werden, es müssen endlich Taten folgen. Die Orientierungsnote der Regierung war hier leider wenig aufschlussreich. Wir als SP wünschen uns eine Bildungspolitik in der mutig gehandelt wird und man sich traut, Reformen umzusetzen, neue Wege zu gehen und alle Akteure mit einzubeziehen. Seit 20 Jahren wird immer wieder nach Skandinavien geschaut und zahlreiche „best practice“ Beispiele werden hervorgehoben. Nur bei der Umsetzung dieser „best practice“ Modelle hapert es leider immer wieder. Die Kleinheit der DG gibt uns so viele Möglichkeiten. Vorreiter könnten wir sein!
Mutig und innovativ könnten wir in die Bildung und somit in die Zukunft unserer Gemeinschaft aber vor allem unserer Kinder investieren.
Modulunterricht, Gemeinsamer Unterricht bis zum 15. Lebensjahr, welches bewiesenermaßen zur erheblichen Verbesserung der Chancengerechtigkeit im Unterricht führt, Kostenlosigkeit des Unterrichts. Das sind nur einige wenige Aspekte des Gelingens in den skandinavischen Ländern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die SP-Fraktion fordert außerdem die Vereinheitlichung des Lehrerstatuts!
Eine weitere Maßnahme zur Stärkung des Lehrerberufs. Die Schaffung der Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Netzen. Denn der Wechsel von einem Netz zu einem anderen ist immer noch mit einer Verschlechterung der beruflichen Laufbahn verbunden. Weshalb ist das so? Berufsjahre, welche man bei einem Träger erworben hat, werden bisher immer noch nicht anerkannt, wenn das Personalmitglied den Schulträger wechselt.
Diese Maßnahmen würden mit Sicherheit zur Zufriedenheit der Lehrer beitragen und auch dem Lehrermangel entgegenwirken.
Eine weitere Maßnahme zur Verbesserung der Bildungslandschaft in der DG, ist die Stärkung und die Aufwertung des Handwerks. Die ZAWM und die verschiedenen technischen und beruflichen Sekundarschulen tragen maßgeblich zu dem bei, was unsere Gemeinschaft ausmacht. Eine Gemeinschaft mit zahlreichen mittelständischen Betrieben, die unsere Region bereichern. Damit das so bleibt, und alle Ausbildungsplätze in Zukunft besetzt werden, sowie mehr Ausbildungsplätze geschaffen werden, müssen wir das Handwerk und die berufliche Ausbildung aufwerten, das bedeutet zum einen Diplome aufzuwerten und zum anderen Anreize zu schaffen, sich für eine berufliche Ausbildung zu entscheiden.
Ganz konkret, wurden Gesellenbriefe und Meisterbriefe im Unterrichtswesen immer noch nicht aufgewertet. Ein Lehrer mit einem Gesellenbrief wird bisher eingestuft, als hätte er kein Diplom und ein Meisterbrief wird mit einem Abitur gleichgestellt. Sieht so die Aufwertung des Handwerks aus?
Doch warum ist berufliche Bildung außerdem wichtig?
Sie bietet Jugendlichen eine Alternative zu akademischen Laufbahnen.
Sie sichert den Fachkräftenachwuchs und wirkt somit dem Fachkräftemangel entgegen.
Neue duale Ausbildungsgänge sollten geschaffen werden, beispielsweise im Bereich der Alltagshelfer und der Pflegehelfer. Gerade hier fehlt es an Fachkräften. Dies ist unter anderem durch den demographischen Wandel zu erklären. Es gibt immer weniger Personal und die Personen in den Alten- und Pflegeheimen steigen.
Eine wichtige Maßnahme, welche während der letzten Jahre eingeführt wurde, ist die, der Berufsorientierung. Die Berufsorientierung als Wegweiser für Kinder und Jugendliche.
Die Berufswahl ist eine der wichtigsten Entscheidungen im Leben junger Menschen. Die Ausweitung der Betriebspraktika auf die verschiedenen Jahrgänge der Sekundarschulen sollte ein Ziel sein. Denn wer sich beispielsweise im 4. Sekundarschuljahr für ein Praktikum entschieden hat, hat eventuell festgestellt, dass dies nicht das richtige ist. Oder hat von Beginn an nicht das Betriebspraktika erhalten, dass man sich wünschte. So könnte man im 5. sowie im 6. Sekundarschuljahr seinen Fokus auf andere Berufe legen und im Nachhinein besser vergleichen und sich gegebenenfalls auch besser für eine Ausbildung entscheiden.
Die Einführung fester Berufsorientierungsprogramme über die gesamte Schullaufbahn und die Zusammenarbeit mit Unternehmen können Jugendlichen helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen.
In diesem Bereich freuen wir uns in naher Zukunft auf die Vorstellung des Talentcenters. Diese ist eine wichtige Maßnahme zur weiteren Verbesserung der Berufsorientierung.
Die politische und gesellschaftliche Bildung – Ein Fach für die Demokratie
Politische und gesellschaftliche Bildung ist ein unverzichtbarer Bestandteil einer aufgeklärten Gesellschaft.
Warum ist politische Bildung so wichtig?
Sie fördert kritisches Denken und die gesellschaftliche Teilhabe sowie die Fähigkeit, politische Zusammenhänge zu verstehen.
Sie stärkt die Demokratiefähigkeit und hilft, Extremismus vorzubeugen.
Sie befähigt Jugendliche, ihre Rechte und Pflichten als Bürger wahrzunehmen.
Politische und gesellschaftliche Bildung sollte daher als ein eigenständiges Fach in allen Schulstufen etabliert werden, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen.
Das Aufnahmeverfahren für die Medizinstudenten ist immer noch zum Nachteil der ostbelgischen Studienanwärter. Haben wir in Zukunft keinen deutschsprachigen Arzt mehr in der DG? Das könnte die Folge sein. Das Abkommen mit Flandern, ist nicht das, was wir uns erwartet haben. Und das langersehnte mit der französischsprachigen Gemeinschaft lässt leider immer noch auf sich warten.
Wie sieht es mit der Neustrukturierung der Berufsausbildung aus? Schon vor 2020 trafen sich Vertreter des IAWM, des RSI, des TI und des TZU mehrmals pro Jahr in verschiedenen Arbeitssitzungen. Das bedeutet 4 Jahre lang hat man an einer gemeinsamen Strategie gearbeitet. Doch seit einigen Monaten hört man nichts mehr von dieser Zusammenarbeit. Mehrmals habe ich dieses Thema in diesem Haus schon thematisiert. Ich würde mich freuen, wenn ich heute eine Antwort erhalten würde, wie es mit dieser Arbeitsgruppe und der Zusammenarbeit aussieht.

Die Kostenlosigkeit im Unterricht
Nichtdestotrotz muss auch hier angemerkt werden, dass zur Gewährleistung der absoluten Chancengleichheit eine absolute Kostenlosigkeit im Unterrichtswesen etabliert werden muss. Gerade die Schüler und Eltern der technischen und der beruflichen Abteilungen stehen hier vor enormen Herausforderungen die Kosten zu bewältigen.
Als sozialdemokratische Partei stehen wir dafür ein, dass die Perspektiven und die berufliche Zukunft der Kinder unter keinen Umständen vom Geldbeutel der Eltern abhängen darf. Aus diesem Grund ist es wichtig, von der ersten bis zum Abschluss eine Chancengleichheit zu gewährleisten. Die Situation verschärft sich für manche Familien zudem durch die Kürzung der Familienzulagen.
Gerade zu Beginn des neuen Schuljahres sind Familien auf dieses Geld angewiesen. Was machen Familien, welche mehrere schulpflichtige Kinder haben und außerdem noch von den Kürzungen im öffentlichen Dienst betroffen sind? Was sagen wir diesen Familien? Was sagen wir den Familien die jetzt schon Schwierigkeiten haben? Sollen wir diesen Menschen das antworten, was die Redner der Mehrheit die ganze Woche gebetsmühlenartig kommuniziert haben, dass die Lebensqualität – hier könnte man sogar vom Wort des Jahres sprechen – in der DG verbessert wird? Diese Aussage ist ein Hohn!
Im Bereich Beschäftigung sehen wir den Fachkräftemangel als ein zentrales Thema, das in unserer Gemeinschaft angepackt werden muss.
Und alle Verbesserungen, die im Bildungsbereich angeboten werden, unterstützen den Kampf gegen den Fachkräftemangel.
Bündel her besser ausbilden und mehr Leute motivieren sich für Berufe zu entscheiden in denen Fachkräftemangel herrscht. Die Verbesserung der Bildungsqualität und Verbesserung der Vermittlung reichen aufgrund des demografischen Wandels nicht aus dem Fachkräftemangel vollends entgegenzuwirken.
Wie eben bereits in meiner Stellungnahme zum ZAWM erwähnt, ist der Bereich der Altenpflege das beste Beispiel für diese Problematik. Es kommen weniger Arbeitskräfte nach, wohingegen der Bedarf stetig steigt. Daher führt kein Weg daran vorbei, gezielt auch nach Arbeitskräften auch außerhalb der DG zu suchen:
Die DG muss auch, weiter entfernt auf die Suche nach Arbeitskräften suchen und es muss gezielt nach Leuten gesucht werden, und dies innerhalb und außerhalb der EU. So wie das wie das andere Länder auch tun.
Hier sollte man in Kooperation mit anderen Ländern zusammenarbeiten. Beispielsweise eng mit deutschen Partnern zusammenarbeiten, die schon viel in diesem Bereich machen, denn unser Bedarf ist durch unsere Kleinheit relativ überschaubar. Planung bei der Beschäftigung bedeutet dementsprechend aktives Suchen nach Menschen.
Außerdem muss die Arbeitsvermittlung verbessert werden – es muss vor allem zielgruppenorientierter gearbeitet werden. Das bedeutet zum einen die Integration richtig vorzunehmen. Es gibt unter den hier anwesenden Asylsuchenden zahlreiche interessante Profile, die man hier arbeiten lassen kann.
Und Menschen, die hier leben und arbeiten wollen, muss man arbeiten lassen. Das bedeutet auch, dass Diplome zügiger anerkannt werden müssen oder zumindest Teilqualifikationen anerkannt werden.
Zum Schluss möchte ich auf die Problematik der Kürzungen von Gehältern im Bildungswesen eingehen.
Bildung wird oft als Priorität verkündet, doch die Realität sieht anders aus.
Die Kürzungen der Jahresendprämie beim Personal im Bereich der Bildung ist besorgniserregend. Sie sendet ein falsches Signal über die Wertschätzung von Bildung in der Gesellschaft. Der Wertschätzung und Aufwertung von der ich heute in meinem Redebeitrag sowie es hier in unserem Hause immer wieder gemacht wird.
Investitionen in das Personal sind Investitionen in die Zukunft. Durch Kürzungen wird die Attraktivität auf jeden Fall nicht gefördert.
Ja, die Aufwertung geht nicht allein mit dem Gehalt einher.
Wenn Menschen sich jedoch sorgen, wie sie im nächsten Dezember Rechnungen, Weihnachtsgeschenke oder den Kadaster ihres Hauses bezahlen sollen oder ein Weihnachtsfest feiern können, sollte uns das nicht nur nachdenklich stimmen. Jetzt haben wir noch die Möglichkeit dazu!
Die beschriebenen Probleme – vom Lehrermangel bis zur politischen Bildung – zeigen, dass der Bildungssektor eine umfassende Reform benötigt. Die Herausforderungen im Bildungswesen sowie in der Arbeitsvermittlung sind vielschichtig und erfordern deshalb ein umfassendes politisches Handeln. Investitionen in Personal, eine angemessene Bezahlung, die Aufwertung der beruflichen Bildung, eine verstärkte Berufsorientierung und die Stärkung der politischen Bildung sind entscheidend, um den Bildungsstandort Ostbelgien zukunftsfähig zu machen.
Nur durch entschlossenes politisches Handeln kann die Bildungsqualität langfristig gesichert und verbessert werden.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Redebeitrag – Ausschuss 3
Rede von Kirsten Neycken-Bartholemy, Vorsitzende der SP-Fraktion zur Haushaltsdebatte vom 12.12.2024 – Tag 4