Programmdekrete gibt es in der DG (und anderswo) schon seit vielen Jahren. Sie enthalten in der Regel Gesetzesänderungen, die sich aus den Haushaltsentscheidungen oder einem punktuellen Verbesserungsbedarf ergeben. Das war diesmal anders: Neben üblichen Bestimmungen wurden umfangreiche Sparmaßnahmen und grundlegende Dekretsänderungen in die Textvorlage eingebaut, die darüber hinaus eine ganze Reihe von verfassungs- und datenschutzrechtlichen Fragen aufwarfen.
Es kam zu einer episodenreichen Schwergeburt.
Was Regierung und Mehrheit in einem Hau-Ruck-Verfahren als einen 230 Artikel umfassenden Text mit weitreichenden Folgen Anfang Dezember 2024 schnell durchs Parlament peitschen wollten, wurde auf Initiative der Oppositionsfraktionen zum Staatsrat geschickt, zurückgezogen, auf zwei Texte verteilt, neu eingereicht, in den Ausschüssen gründlich geprüft und in wesentlichen Punkten nachgebessert. Dazu mussten im Parlament insgesamt rund 80 Abänderungsanträge hinterlegt und bearbeitet werden!
Dennoch bleibt der Ende Februar 2025 verabschiedete Text in einem wesentlichen Punkt verfassungswidrig: Er wandelt Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Unterrichtswesen in normales Stellenkapital um und ermächtigt die Regierung, dieses nach eigenem Gutdünken unter die Schulen zu verteilen. Wie der Staatsrat festgestellt hat, verstößt diese Vorgehensweise eindeutig gegen Artikel 24, §5 der belgischen Verfassung. Dieser hält fest, dass der Gesetzgeber – in diesem Fall das PDG – auf jeden Fall Mindestkriterien für diese Verteilung festlegen muss. Daran darf die Regierung sich auch nicht mit dem Argument vorbeimogeln, dass es sich lediglich um eine Übergangslösung (immerhin für mehrere Jahre!) handele und dass eine grundsätzliche Reform des Stundenkapitals geplant sei.
Die Regierung bestreitet, dass sie willkürlich handeln möchte, und sie behauptet, bei der Verteilung Diskriminierung zwischen den Schulen vermeiden und nachvollziehbare Kriterien anwenden zu wollen.
Wenn dem so ist, dann hätten diese gegebenenfalls mit der nötigen Flexibilität versehenen Kriterien auch im Parlament hinterlegt, diskutiert und verabschiedet werden können. Das hätte zu mehr Rechtssicherheit geführt und zur Verbesserung der Unterrichtsgesetzgebung beigetragen. So hätten Regierung und Mehrheit die Zuständigkeit des Parlaments respektiert und die Verfassung befolgt, auf die sie ihren Amtseid geschworen haben.
Für die SP Ostbelgien
Kisten Neycken-Bartholemy
Fraktionsvorsitzende im PDG