Skip to content Skip to footer

Schwangerschaftsabbruch

„Es ley“ (Es ist Gesetz)

In Argentinien endete das Jahr 2020 mit der Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen bis zur 14. Woche. Recht verwunderlich, dass ausgerechnet ein eher konservatives Land dieses Thema so massiv und progressiv vorantreibt. Präsident Fernández twitterte dazu: „Heute sind wir eine bessere Gesellschaft, die die Rechte der Frauen erweitert und die öffentliche Gesundheit garantiert.“ Dies wirft Fragen in Bezug auf unser eigenes Land auf: Aktuell sind Schwangerschaftsabbrüche in Belgien bis zur 12. Woche erlaubt. Die anvisierte Verlängerung bis zur 18. Woche wurde noch nicht erreicht.  Die letzte Föderalregierung hat das heikle Thema auf die lange Bank geschoben und nach langen Diskussionen, die die Regierungsbildung im letzten Jahr fast zum Scheitern gebracht hätten, hat sich auch die neue Regierung noch nicht zu einer Einigung durchringen können. Aber wie progressiv darf unser Land nun sein, wenn wir sehen, wie andere Länder dieses Thema behandeln? Geht es um die Rechte der Frauen, der Kinder oder um religiöse Überzeugungen? Wer darf sich überhaupt zu diesem Thema äußern? Nur die betroffenen Frauen oder jeder? Und welche Stimme zählt? Das Thema treibt, ähnlich wie bei Corona, eine Kluft zwischen die Menschen und die verschiedenen Ansichten. In einer Zeit, in der bereits das Tragen eines Mund- und Nasenschutzes von einigen als „Freiheitsberaubung“ angesehen wird, muss man sich fragen, inwiefern es für Außenstehende legitim ist, über den Körper einer Frau und ihre Entscheidungen bestimmen zu wollen. Ja, es geht um Leben und Tod. Genaugenommen geht es um zwei Leben: So ist es in erster Linie die Frau, die mit der physischen und psychischen Belastung ihrer Entscheidung leben muss. Inwiefern das Leben eines Kindes erfüllt sein kann, obwohl es nicht gewollt ist, ist eine ganz andere Frage. Bei diesem Thema ist jede Situation ein Einzelfall! Jede Frau muss für sich abwägen, wie sie mit dieser umgeht. Unabhängig davon, ob man diese Entscheidung persönlich unterstützt, sollte man die Frauen nicht daran hindern, im eigenen Land Hilfe aufsuchen zu können, statt sie ins Ausland oder in die Illegalität zu drängen. In einer freiheitlichen Demokratie wie der unseren, sollte es, zumindest bis zur 14. Woche, eine Möglichkeit für eine angemessene Behandlung geben. Würde uns das nicht schlussendlich zu einer solidarischeren und offeneren Gesellschaft machen? Bei diesem Thema geht es um vieles, aber es geht vor allem um die Rechte der Frauen und um ein selbstbestimmtes Leben – für jede.

Linda Zwartbol
Vize-Präsidentin der SP Ostbelgien