Mündliche Frage von Frau Kirsten Neycken-Bartholemy an Ministerpräsident Herrn Oliver Paasch
Zur Zusammensetzung der Ministerkabinette und zur Bezahlung der
Kabinettschefs
Regierungskontrollsitzung des Ausschusses I vom 07.10.2024
Im Erlass der Regierung vom 4. Juli 2024 werden die Zusammensetzung und Funktionsweisen der Kabinette der Regierung festgelegt.
Es wird festgehalten, dass die Mitglieder der Regierung grundsätzlich über fünf Mitarbeiter der Stufe 1 und zwei Mitarbeiter der Stufen 2Plus, 2 oder 3 sowie über einen Fahrer verfügen.
So weit, so gut – wenn es da nicht die Abweichungen gäbe. Die lassen aufhorchen und sagen einiges über das Ungleichgewicht bei der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Regierungsmitgliedern aus. Während Minister Freches lediglich einen zusätzlichen Mitarbeiter der Stufen 2Plus, 2 oder 3 beschäftigen darf, können Ministerin Klinkenberg einen und Minister Franssen zwei zusätzliche Mitarbeiter der Stufe 1 anstellen.
Sie dagegen haben Anrecht auf vier weitere Mitarbeiter der Stufe 1 sowie einen Protokollchef der Stufe 1 und zwei Direktionsassistenten der Stufe 1. Das sind insgesamt sieben zusätzliche Mitarbeiter der Stufe 1! Hatte der Chefredakteur des Grenz-Echo doch Recht, als er in seinem Leitartikel vom 14. Juni die Zuständigkeitsverteilung mit den Worten „Fast alles Chefsache“ kommentierte?
Darüber hinaus sieht Artikel 11 des Erlasses vom 4. Juli vor, dass meines Wissens übrigens zum ersten Mal in der Geschichte der DG, der Kabinettschef des Ministerpräsidenten in eine höhere Gehaltskategorie (M2) eingestuft wird als die Kabinettschefs der anderen Minister (M3). Zum besseren Verständnis sei erwähnt, dass die Stufe M2 dem Rang des beigeordneten Generalsekretärs und die Stufe M3 dem Rang des Verwaltungsdirektors im Ministerium der DG entspricht. Die Kabinettschefs erhalten zusätzlich noch eine an den Angelindex 138,01 gebundene Kabinettszulage von 7.393,80 Euro pro Jahr.
Dazu meine Fragen:
- Wie begründen Sie das Ungleichgewicht zwischen der Anzahl Mitarbeiter der Kabinette, das dazu führt, dass Sie mehr als doppelt so viele Mitarbeiter der Stufe 1 in Ihrem Kabinett beschäftigen können wie dies im Kabinett des Ministers für Kultur, Sport, Tourismus und Medien der Fall ist?
- Wie begründen Sie die unterschiedlichen Gehaltsstufen der Kabinettschefs, die dazu führen, dass Ihr Kabinettschef als einziger in die Stufe M2 fällt?
Einschalten! Kirstens Frage in der öffentlichen Sitzung von Ausschuss I
Antwort des Ministerpräsidenten:
Ich gebe zu, dass ich etwas schmunzeln musste, als ich Ihre Frage gelesen habe. Solche Fragen haben wir von der SP nun wirklich noch nie gehört. Im Gegenteil, über Fragen zur Zusammensetzung der Kabinette oder Gehältern von einzelnen Kabinettsmitarbeitern hat sich die SP immer lautstark empört.
Häufig wurde dem Fragesteller sogar Populismus vorgeworfen. Dazu könnte ich einen ganzen Zitatenschatz liefern, für den meine Redezeit bei Weitem nicht ausreicht.
Zu Ihren Fragen:
Der Ministerpräsident der DG darf seit Jahrzehnten mehr Mitarbeitende beschäftigen als seine Ministerkollegen. Das ist nicht neu.
Und dafür gibt es gute Gründe:
Zusätzlich zu seinen direkten sachpolitischen Zuständigkeiten ist der MP für die Koordinierung der gesamten Regierungsarbeit zuständig. Er verantwortet darüber hinaus die Finanzen und vertritt die DG nach innen und nach außen, in den innerbelgischen Verhandlungen und im Ausland.
Dass diese Aufgaben mit einer großen Verantwortung verbunden und ohne zusätzliche personelle Ressourcen nicht wahrzunehmen sind, dürfte dem Fragesteller sehr bewusst sein.
Nun sind die Aufgaben der DG, seitdem ich MP bin, massiv gestiegen. Unser Haushalt hat sich seit 2014 verdoppelt.
Als Karl-Heinz Lambertz noch MP war, waren wir z.B. noch nicht für Familienzulagen, die WPZS, Krankenhausinfrastruktur, Pflegegeld, Raumordnung, Wohnungsbau und Teile der Energiepolitik zuständig…
Durch diesen massiven Zuwachs an Aufgaben ist natürlich auch der Koordinierungsbedarf spürbar gestiegen, sowohl innerhalb unserer Gemeinschaft als auch in den innerbelgischen Diskussionen.
Die 6. Staatsreform hat zu einer deutlichen Aufwertung der innerbelgischen Konzertierungsorgane geführt.
Das gilt insbesondere für den Konzertierungsausschuss und alle beigeordneten Gremien. Es ist heute mehr denn je gerechtfertigt, dass der MP über mehr Mitarbeitende verfügt als die anderen Minister.
Hinzukommt, dass es früher zusätzlich zum Kabinett des MP auch noch eine Kanzlei der Regierung mit mehreren Mitarbeitenden gab, die direkt dem MP unterstellt war.
Dazu gehörte u.a. die von Ihnen erwähnte Protokollchefin. Diese Kanzlei haben wir mittlerweile aufgelöst und die Stellen in das Kabinett des MP übertragen. Das müssen Sie in Ihrer Statistik berücksichtigen.
Der Kabinettschef des MP wiederum muss die gestiegene und zunehmend aufwendige Koordinierung der Regierungsarbeit vorbereiten.
Er nimmt als stv Regierungssekretär im Gegensatz zu den anderen Kabinettschefs an allen Regierungssitzungen teil und ist für deren Planung und Nachbearbeitung verantwortlich. Er vertritt darüber hinaus die DG in zahlreichen übergeordneten, innerbelgischen Konzertierungsgremien.
Man denke nur an die IKW des Konzertierungsausschusses. Das ist mit einem enormen Zeitaufwand und mit viel Verantwortung verbunden. Wenn auf dieser Ebene Fehler gemacht werden, kann das fatale Folgen für die DG haben. Auch das ist dem Fragesteller mit Sicherheit bewusst.
Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, dass er in ein höheres Gehaltsbarema eingestuft wird als die anderen Kabinettschefs.
Anderswo erhält aus all diesen Gründen übrigens auch der MP selbst ein höheres Gehalt als seine Ministerkollegen. Bei uns nicht. Darauf verzichten wir weiterhin.
Ob der Kabinettschef des MP zum ersten Mal ein höheres Barema erhält als die anderen Kabinettschefs, darüber kann man streiten. In der Theorie mag das stimmen. In der Praxis ist das jedoch weniger klar.
Der Kabinettschef von Karl-Heinz Lambertz zum Beispiel wurde erst gar nicht in ein Barema eingestuft. Er wurde von einer anderen öffentlichen Behörde zu unseren Lasten mit vollem Gehalt freigestellt und erhielt darüber hinaus eine Kabinettszulage von 14.000 EUR pro Jahr.
Die Kabinettszulage des Kabinettschef war damals also fast doppelt so hoch wie heute. Die Lohnkosten, die die DG für den Kabinettschef von Karl-Heinz Lambertz übernommen hat, waren ungefähr genauso hoch wie die Lohnkosten von Daniel Hilligsmann heute.
Anders ausgedrückt:
Inflationsbereinigt kostet mein Kabinettschef uns heute ca genauso viel wie der damalige Kabinettschef von Karl-Heinz Lambertz.