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Reform des Künstlerstatuts

Mündliche Frage von Herrn Patrick Spies an Ministerin Isabelle Weykmans

Zur Reform des Künstlerstatuts

Vergangene Woche berichtete die Tageszeitung Le Soir, dass sich die Vivaldi-Parteien auf eine Reform des Künstlerstatuts geeinigt hätten, welches in seiner überarbeiteten Form noch im September wirksam werden solle. Eines der Hauptziele des Ganzen sei dabei der einfache und effiziente Zugang zum System der sozialen Sicherheit für Künstler.

So soll beispielsweise eine Kommission für Kunstarbeit eingerichtet werden, welche in gewisser Weise die Rolle des ONEM einnehmen soll und in der die Künstler neben den Sozialpartnern die Hälfte der Vertreter stellen werden. Neben der Anerkennung von Künstlern und der Ausstellung einer fünf Jahre gültigen Bescheinigung als “Kunstarbeiter” wird die Kommission ebenfalls die Aufgabe haben, ein lebendes Kataster aller künstlerischen Darbietungen zu erstellen. Dies soll die Künstler davor bewahren, mit willkürlichen und sogar wechselnden Entscheidungen konfrontiert zu werden.

Eine weitere Anpassung soll im Bereich der Arbeitslosenregelung erfolgen. Hier soll ein spezielles Kapitel für Künstler eingerichtet werden, welches dafür sorgen soll Künstlern den Zugang zu Leistungen zu vereinfachen. Zudem sollen die Bezüge erhöht werden. Besonders wichtig ist dabei, dass Künstler künftig als Arbeitnehmer und nicht mehr als Arbeitssuchende betrachtet werden. Tage, an denen sie proben, Drehbücher schreiben usw., können als Arbeitstage angesehen werden.

Ein weiterer Fortschritt bezieht sich auf den Umfang der Nutznießer. So sollen künftig auch Techniker, Maskenbildner, Requisiteure und Mitarbeiter, die unterstützende Funktionen ausüben, den Künstlerstatus erhalten können.

Darüber hinaus bereitet die Föderalregierung ebenfalls eine Prämie für künstlerische Arbeit vor.

Alles in allem lässt sich also durchaus behaupten, dass es sich bei er Reform um ein vollumfängliches Vorhaben handelt, welches den Kunstsektor nachhaltig aufwerten wird.

Da auch wir in Ostbelgien reich an Kunstschaffenden sind, möchte ich Ihnen werte Ministerin folgende Fragen stellen:

  • Inwiefern werden Kunstschaffende aktuell in der Deutschsprachigen Gemeinschaft unterstützt?
  • Wie viele Künstler sind aktuell in Ostbelgien als arbeitssuchend eingetragen?
  • Inwiefern wird auch die ostbelgische Künstlerschaft in der neu geschaffenen Kommission vertreten sein?

https://youtu.be/IioyFE9hnNM

Die Antwort der Ministerin:

Werter Vorsitzender,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

eingangs möchte ich meine Freude zum Ausdruck bringen, dass der arbeitsrechtliche blinde Fleck für Kunstschaffende, der verstärkt in der Coronakrise offenbar wurde, nun endlich zur Schaffung eines echten Künstlerstatuts geführt hat.

Kleine Anekdote am Anfang, um die vorherige Wahrnehmung des Berufsstandes in Belgien zu veranschaulichen: Als im November 1991 mit dem Artikel 116 §5 des königlichen Erlasses eine Lösung für die sektorentypischen Schwierigkeiten der Künstler geschaffen wurde, basierte diese auf einer Ausnahmeregelung der Arbeitslosengesetzgebung, die ursprünglich für Hochseefischer und Baumfäller geschaffen wurde. Mit dem Erlass wurde diese Regelung dann auf die ‚Saisonarbeiter‘ im Allgemeinen erweitert. Die Lebens- und Arbeitswirklichkeit der Kulturschaffenden wurde damals strukturell übersehen und vollkommen falsch eingeschätzt. Auch die Reform von 2003 brachte keine wirkliche Verbesserung der Situation. Dabei wurden erstens so gut wie alle Techniker von dieser Ausnahmeregelung ausgeschlossen und einem Großteil der kreativen Arbeit sprich dem
Komponieren, Proben, Schreiben – kurz dem Erschaffen- wurde gar nicht Rechnung getragen. Die Techniker teilen aber mit den Künstlern die gleiche berufliche Realität und ohne den Schaffungsprozess kann schließlich nichts aufgeführt werden, bzw. nicht entstehen.

Die Deutschsprachige Gemeinschaft wurde im Rahmen der Interministeriellen Kulturministerkonferenzen regelmäßig über die Fortschritte des Reformprozesses informiert und mein Kabinett war ebenfalls in der interföderalen Arbeitsgruppe zu diesem Thema vertreten. Dort konnten wir Akzente setzen und auf die Reform Einfluss nehmen. Auch die Umsetzung der Reform wird weiterhin von dieser Arbeitsgruppe begleitet werden, hier werde ich beispielsweise der grenzüberschreitenden Arbeit der Künstler*innen, welches einer der Schwerpunkte der AG sein wird, besondere Aufmerksamkeit schenken.

Erst am vergangenen Freitag hat die Konzertierung mit den Sozialpartnern stattgefunden, zu einem späteren Zeitpunkt werden auch formal die Verbände und die Gemeinschaften konzertiert werden.

Nun zum eigentlichen Statut.
Durch die Schaffung einer einheitlichen „Kunstkommission“ welche sich aus 18 Mitgliedern zusammensetzen wird, ist eine landesweite einheitliche Vorgehensweise gesichert. Bis dato gibt es zwei Kommissionen, eine französischsprachige und eine niederländische Kommission, in der letzteren ist auch die DG durch mein Kabinett vertreten.
Unterschiedliche Vorgehensweisen und Interpretationen sind hier vorprogrammiert, was zu noch mehr Verunsicherung im Sektor geführt hat. Die neue, einheitliche Kommission besteht aus 9 Vertretern des Kultursektors, drei Vertretern des Landesamtes für Arbeit, Sozialsicherheit der Angestellten und die der Selbständigen, 3 Gewerkschaftsvertretern und 3 Vertretern der Arbeitgebervereinigung. Wie die sprachlichen Paritäten gewahrt werden ist zum momentanen Zeitpunkt noch nicht abzusehen. Die Kommission wird durch Erlass erst im nächsten Jahr eingesetzt werden.
Diese Kommission wird eine so genannte „Arbeitsbescheinigung für Arbeit im Kunstsektor“ ausstellen, wird also statuieren, ob es sich beim Antragssteller um einen Techniker oder Akteur des Kunstsektors handelt oder nicht. Diese Bescheinigung wird dann eine Gültigkeit von 5 Jahren haben. Die Künstler, welche heute schon in den Genuss der Ausnahmeregelung kommen, werden automatisch die Bescheinigung für die ersten 5 Jahre erhalten.
Dieses Statut wird auf Grund der einfacheren Zugangsmöglichkeiten und der erhöhten Bezüge mehr Kulturschaffenden die Möglichkeit geben sich hauptberuflich mit der kreativen Tätigkeit zu beschäftigen. [1]
Nach dem Stand von 2021 kommen 15 Künstler aus der DG in den Genuss dieser Ausnahmeregelung. Die Angaben darüber, ob eine Person über das Künstlerstatur verfügt oder nicht, liegen dem ADG nicht direkt vor, sondern müssen bei der ONEM bzw. der ONSS angefragt werden, was leider kurzfrisitg nicht möglich war. Diese aktualisierten Zahlen können aber nachgereicht werden.

Wir haben zwar in Ostbelgien schon eine recht hohe Dichte an Kulturschaffenden, die aber häufig mit verschieden Statuten jonglieren müssen und oft noch einem anderen Beruf nachgehen. Diese Reform wird gewiss einen kreativen Aufwind in unsere Gemeinschaftbringen. Zumal auch als ein weiteres Novum die Anerkennung von Unterrichten im Kunstbereich als künstlerische Tätigkeit eingeführt wird.

Auch wurde die gesamte Karriere der Künstler und Techniker mit allen Elementen, die zum Leben gehören in Betracht gezogen. So wird es beispielsweise Erleichterungen für Berufseinsteiger geben [2] , erleichterte Regeln für Mutterschafts- und Adoptionsurlaub[3] sowie für Künstler und Techniker, die bereits seit 18 Jahren das „Statut“ innehaben und beispielsweise auf Grund ihres Alters weniger Rollen oder Auftritte absolvieren können.

Da es sich um eine föderale Reform handelt, wird die Umsetzung auch in Respekt der Sprachengesetzgebung über die föderalen Einrichtungen gewährleistet werden.
Ich werde aber auch dafür Sorge tragen, dass die zuständigen Mitarbeiter in den entsprechenden Fachbereichen unseres Ministerium die grundlegenden Informationen vermitteln können.
Bislang unterstützt die Deutschsprachige Gemeinschaft die Kulturschaffenden in Anwendung des Dekrets zur Förderung von Kultur in der Deutschsprachigen Gemeinschaft von 2013. Die Betroffenen können Stipendien beim Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft beantragen, diese werden dann von einer unabhängigen Jury beurteilt und
können die Werksförderung sichern. Auch die strukturelle Förderung der Veranstalter, die zur Förderung der lokalen Künstler dekretal verpflichtet sind, ist eine Unterstützung für den gesamten Sektor.
Weiter wurde im Rahmen der Pandemie eine Auftritts- und Ausstellungsprämie ins Leben gerufen.

Die Reform schlägt also die richtige Richtung ein. Ich werde beim Umsetzungsprozess ein besonderes Augenmerk darauf legen, dass diese positiven Ansätze, die zum größten Teil aus einem kulturpartizipativen Prozess über die föderale Plattform „ Working in the Arts“ stammen, die Realität dieser Berufsgruppen wirklich verbessern.